Dünne Luft für Fluggesellschaften – BGH stärkt Kundenrechte
Die EU Verordnung 261/04 sieht für die Fälle der Annullierung von Flügen unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungszahlungen an den Fluggast vor. Diese Regelung hat der Europäische Gerichtshof mit Entscheidung vom 19.11.2009 auf Verspätungen über 3 Stunden ausgeweitet.
In der Realität werden jedoch nur 10 % der Entschädigungen tatsächlich gezahlt. Macht ein Kunde eine Entschädigungsleistung geltend, erhält er regelmäßig einen vorgefertigten Text, der darauf verweist, dass ein technischer Defekt für die Annullierung/Verspätung verantwortlich sei. Beim Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände entfalle eine Entschädigungspflicht.
Das stimmt jedoch so nicht: Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 12.11.2009 klargestellt, dass technische Defekte grundsätzlich auch dann nicht die Fluggesellschaft entlasten, wenn sämtliche vorgeschriebenen Wartungen durchgeführt worden sind. Es ist allerdings so, dass die Fluggesellschaften es einfach darauf ankommen lassen, ob jemand seine Ansprüche gerichtlich geltend macht. Da die meisten Kunden vor einer Klage zurückschrecken, rechnet sich die Verweigerungshaltung der Gesellschaften bisher.
Eines der letzten Bollwerke der Fluggesellschaften hat der Bundesgerichtshof jetzt mit seiner Entscheidung vom 14.10.2010 (Az.: Xa ZR 15/10) eingerissen: Dort urteilte er, dass bei der Bemessung der Höhe der Ausgleichszahlung nicht die Entfernung zum annullierten Zubringerfluges maßgeblich sei, sondern bei Anschlussflügen ist der letzte Zielort, an dem der Fluggast verspätet ankommt, ausschlaggebend. Es kommt also nicht darauf an, ob eine Fluggesellschaft den Flug in einem Stück oder in mehreren Teilflügen erbringt. Diese Entscheidung des BGH ist sehr zu begrüßen, stärkt diese zum einen Kundenrechte, zum anderen beendet es einen seit längerem schwelenden Streit zu Gunsten des Verbraucherschutzes.
Magnus von Treyer
Rechtsanwalt