Neuigkeiten zum Widerruf von Darlehensverträgen: Der EuGH hat zugunsten von privaten Darlehensnehmern geurteilt!

Sehr viele Darlehensverträge (Baufinanzierung und Kfz-Finanzierung), die nach Juni 2010 abgeschlossen wurden, können ab jetzt widerrufen werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Standardklausel, die in Millionen von Darlehensverträgen genutzt wurde, gekippt. Das Urteil im Volltext finden Sie hier:

http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf;jsessionid=DC927B7971D9E0B64B2C3E10690E2732?docid=224723&text=&dir=&doclang=DE&part=1&occ=first&mode=DOC&pageIndex=0&cid=2668351

In der Widerrufsbelehrung, die vom EuGH geprüft wurde, heißt es u.a.:

„Widerrufsrecht

Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, EMail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags. Dafür muss der Darlehensnehmer allerdings alle Pflichtangaben erhalten haben. Diese richten sich nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit).

Der Verbraucher ist demnach gehalten, im Gesetz nachzulesen, welche Pflichtangaben die Widerrufsbelehrung enthalten muss. Mit dem § 492 Abs. 2 BGB ist es aber nicht getan, weil diese Norm auf weitere Gesetzesstellen verweist.

Folgendes sagt der Europäische Gerichtshof:

Das ist für den Verbraucher nicht verständlich. Dies ist mit europäischem Recht nicht zu vereinbaren!“

Schon mehrfach haben wir versucht, Klagen mit diesen Argumenten für Darlehensnehmer durchzubringen und sind damit vor deutschen Gerichten leider gescheitert. Durch die Entscheidung des EuGH ist dieser Weg nun frei.

Was bedeutet das für Sie als Darlehensnehmer: Sie können Ihre Vertragserklärung widerrufen. Der Vertrag wird rückabgewickelt. Zu den Folgen des Widerrufs, hatte ich bereits ausgeführt. Weitere Informationen finden Sie hier:

https://www.p11-ra.de/rechtsgebiete/bankrecht/widerruf-von-darlehensvertraegen/

Besonders interessant ist der aktuelle Widerrufsjoker für Baufinanzierungen und für Kfz-Finanzierungen:

Darlehensnehmer, die für ihre Immobilie zwischen Juni 2010 und März 2016 eine Hypothekenfinanzierung aufgenommen haben, können den Darlehensvertrag widerrufen. So ist der Ausstieg aus etwaigen teuren Baukrediten möglich. Bei dem aktuellen Zinsniveau könnte sich eine Überprüfung durchaus lohnen. Da eine Vorfälligkeitsentschädigung dann nicht fällig wird.

Interessant ist der Widerrufjoker aber auch für Verbraucher, die zwischen Juni 2010 und März 2016 ein Fahrzeug mit einem Kredit- oder Leasingvertrag finanziert haben. Der Widerruf führt dazu, dass das Fahrzeug zurück gegeben werden muss. Der Kunde erhält dafür aber sämtliche Raten und die etwaige Anzahlung zurück. Auch bei den vom sog. Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeuge loht sich ein Widerruf, da diese Fahrzeuge regelmäßig einen enormen Wertverlust erlitten haben.

Ihre Vorteile zusammengefasst:

Bei Immobiliendarlehen:

  • Rückabwicklung des aktuellen Darlehensvertrages
  • Sie erhalten die gezahlten Raten verzinst (!) zurück
  • Sie können zu dem aktuellen Niedrigzinsniveau einen neuen Darlehensvertrag abschließen.

Bei Kfz-Finanzierung und Leasingvertrag:

  • Rückabwicklung des Finanzierungsvertrages
  • Rückgabe des Fahrzeugs
  • Sie erhalten die gezahlten Raten und die Anzahlung zurück
  • Dies unabhängig davon, welches Fahrzeug finanziert wurde. Also auch Fahrzeuge, die vom Diesel-Skandal betroffen sind.

Haben Sie weitere Fragen wenden Sie sich gerne an uns: 02234 219 3229 oder thiele@p11-ra.de. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Ihre p11 Rechtsanwälte

Nora Thiele

Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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