Die Kündigung des Arbeitsvertrages
Der Ausspruch einer Kündigung ist für einen Arbeitnehmer häufig sehr einschneidend. Die Arbeitsgerichte beschäftigen sich jährlich mit ca. 250.000 Kündigungsverfahren. Häufig ist eine schnelle Reaktion des Arbeitnehmers erforderlich. Nachfolgend sollen die wesentlichen Punkte angesprochen werden, wie zu beachten sind.
1. Form der Kündigung
Kündigungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit zunächst einmal der Schriftform (§ 623 BGB), d.h. sie müssen mit einer Originalunterschrift versehen sein. Kündigungen per Fax, E-Mail oder Telegramm sind unwirksam. Damit sind auch mündliche Kündigungen nicht wirksam.
Weiterhin darf die Kündigung nicht von jedem Mitarbeiter unterschrieben werden, sondern nur von Personen, die für die Einstellung und die Entlassung von Arbeitnehmern zuständig sind. Alle anderen Personen bedürfen einer unterschriebenen Originalvollmacht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann der Arbeitnehmer die Kündigung zurückweisen. Das Versäumnis kann nicht nachgeholt werden, die Kündigung muss neu ausgesprochen werden. Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist gegebenenfalls dann ausgeschlossen.
2. Kündigungsarten
Es gibt drei Arten von Kündigungen:
a) Die ordentliche Kündigung ist eine Kündigung unter Einhaltung der normalen Kündigungsfrist, also eine fristgemäße Kündigung.
b) Die außerordentliche oder auch fristlose Kündigung soll das Arbeitsverhältnis sofort oder unter erheblicher Fristverkürzung beenden. Sie kann nur bei schweren Verfehlungen ausgesprochen werden.
c) Die Änderungskündigung erfolgt, um Teile des Arbeitsvertrages abzuändern; sie besteht aus einer Kündigung und einem gleichzeitigen Angebot, das Arbeitsverhältnis unter veränderten Bedingungen weiterzuführen.
3. Kündigungsschutz
Bei einer ordentlichen sowie bei der Änderungskündigung muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund vorweisen können, soweit § 1 Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Bei einem Arbeitsverhältnis, das nach dem 01.01.2004 begonnen hat, beginnt der Schutz nach 6 Monaten Arbeitsverhältnis. Geschützt sind nur Arbeitnehmer in Betrieben mit regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmern.
Für Arbeitnehmer, die vor dem 01.01.2004 beschäftigt waren, ist die Regelung etwas komplizierter: Für sie gilt der Schutz grundsätzlich bereits, wenn am 01.01.2004 mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt waren und bei Kündigung von diesen Arbeitnehmern auch noch mehr als fünf beschäftigt sind oder der Betrieb jetzt insgesamt mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
4. Kündigungsgründe
Bei der ordentlichen Kündigung werden drei Kündigungstypen unterschieden:
a) Die verhaltensbedingte Kündigung wird bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers ausgesprochen (z.B. Unpünktlichkeit, Nichtmelden im Krankheitsfall, Schlechtleistung). Voraussetzung ist fast immer, dass zuvor eine einschlägige Abmahnung ausgesprochen wurde.
Sofern ein Arbeitnehmer in der Vergangenheit häufig und länger krank gewesen ist (Faustregel: in den letzten drei Jahren vor der Kündigung deutlich mehr als 6 Wochen pro Jahr krank) und zukünftig weitere Fehlzeiten zu erwarten sind, kommt eine krankheitsbedingte bzw. personenbedingte Kündigung in Betracht. Ist die Krankheit ausgeheilt oder Besserung zu erwarten (z.B. durch eine Kur), kommt eine Kündigung nicht in Frage.
b) Bei einer betriebsbedingten Kündigung müssen Gründe vorliegen, die den Arbeitsplatz ganz wegfallen lassen oder doch erhebliche Auswirkungen darauf haben. Außerdem muss der Arbeitgeber die Sozialauswahl wahren. Es muss in der Regel der jüngste, am kürzesten Beschäftigte und der mit den geringsten Unterhaltspflichten als erstes entlassen werden.
c) Bei einer außerordentlichen Kündigung müssen Gründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber nicht mehr möglich machen, die normale Kündigungsfrist abzuwarten. Hier kommt insbesondere strafbares Verhalten zu Lasten des Arbeitgebers in Betracht (z.B. Diebstahl, Spesenbetrug), aber – zumindest nach Abmahnungen – auch beharrliche Arbeitsverweigerung. Der Arbeitgeber muss die außerordentliche Kündigung binnen zwei Wochen aussprechen, nachdem er selbst von den Kündigungsgründen erfahren hat. Kommt es zum Streit, so muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe beweisen.
5. Besonderer Kündigungsschutz
Neben dem Kündigungsschutzgesetz besteht noch ein besonderer Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder, Schwangere, Schwerbehinderte, Frauen im Mutterschutz, Jugendvertreter, Erziehungsurlauber sowie Wehr- oder Ersatzdienstleistende.
6. Betriebsrat
Sofern im Unternehmen ein Betriebsrat, ein Personalrat oder eine Mitarbeitervertretung existieren, müssen diese vor Ausspruch der Kündigung vom Arbeitgeber angehört worden sein. Dabei muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitteilen. Dieser hat bei einer ordentlichen Kündigung eine Woche Zeit, um zu beraten, bei einer außerordentlichen Kündigung drei Tage.
7. Handlungsmöglichkeiten:
Weiterbeschäftigung oder Abfindung?
Gegen eine Kündigung kann sich der Arbeitnehmer durch eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht wehren. Diese Klage ist immer auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses gerichtet.
Eine unmittelbare Klage auf Abfindung ist nur sehr selten möglich. Nach dem neuen Kündigungsschutzgesetz kann der Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung zusagen für den Fall, dass der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung klagt. Dann entsteht ein Abfindungsanspruch. Ein Abfindungsanspruch kann sich auch aus einem zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelten Sozialplan ergeben. Die meisten Abfindungsvereinbarungen werden jedoch im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses durch eine Vereinbarung der Parteien vor Gericht (gerichtlicher Vergleich) geschlossen. Mit einer derartigen Einigung „kauft“ sich der Arbeitgeber praktisch von dem Risiko frei, den Prozess zu verlieren und zur Weiterbeschäftigung verurteilt zu werden. Aufhebungsvereinbarungen ohne eine Kündigung oder ein gerichtliches Verfahren können zu Nachteilen bei der Arbeitsagentur führen, insbesondere zu einer so genannten „Sperre“, die weitere erhebliche Nachteile mit sich bringt.
Der Arbeitnehmer sollte sich daher vor Einreichung einer Kündigungsschutzklage im Klaren darüber sein, ob er diese mit dem Ziel führt, über eine Abfindung zu verhandeln oder ob die Weiterbeschäftigung erreicht werden soll. Für diese Überlegung hat er nur wenig Zeit. Die Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung bei Gericht eingehen. Diese Frist gilt für praktisch jede Kündigung. Verpasst der Arbeitnehmer diese Frist und hat keinen hinreichenden Entschuldigungsgrund, so gilt die Kündigung als wirksam. Der Arbeitnehmer kann keine Weiterbeschäftigung mehr verlangen und es gibt keinen Grund für den Arbeitgeber mehr, noch über die Zahlung einer Abfindung zu verhandeln.
8. Was kann ein Rechtsanwalt für Sie tun?
Wir können Ihnen bei der Entscheidung, ob Sie gegen die Kündigung vorgehen sollen, zunächst beratend zur Seite stehen. Wir können für Sie die Frage der Wirksamkeit der Kündigung anhand der zur Verfügung stehenden Informationen prüfen und mit Ihnen besprechen, wie Ihre Positionen im Rahmen von Vergleichsverhandlungen aussehen. Gegebenfalls empfehlen sich auch Vergleichsverhandlungen mit dem Arbeitgeber, bevor die Klage eingereicht wird, auch diese führen wir für Sie.
Wir können die Klage erheben und den weiteren Prozess vor dem Arbeitsgericht führen. Ziel ist dabei, eine möglichst auf Ihre Bedürfnisse und die Risiken des Prozesses zugeschnittene Lösung zu erreichen. Gleichzeitig wird ein Augenmerk darauf gerichtet, dass neben der Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solches auch alle anderen Fragen wie z.B. Zeugnis, Zahlungen von Boni, Weihnachtsgeld, Überstunden, Urlaubsabgeltung etc. mit geregelt werden. Damit können unter Umständen weitere Prozesse vermieden werden.
Wir empfehlen Ihnen, möglichst frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten, damit er mit Ihnen innerhalb der Drei-Wochen-Frist erörtern kann, mit welcher Zielrichtung der Prozess geführt wird. So bleibt genügend Zeit zur Vorbereitung der Klage, um weitere Informationen z.B. vom Betriebsrat oder von anderen Kollegen einzuholen. Zudem kann der Rechtsanwalt bereits vor einer Klage Kontakt mit dem Arbeitgeber zur Frage einer gütlichen Einigung aufnehmen.
Welche Kosten entstehen?
Die Kosten für die anwaltliche Erstberatung liegen in dem bei uns üblichen Rahmen. Ein Kündigungsschutzverfahren muss dagegen nach den gesetzlichen Gebühren berechnet werden. Die konkreten Kosten besprechen Sie bitte mit Ihrem Rechtsanwalt. Ein Rechenbeispiel für die anwaltliche Vertretung nach betriebsbedingter Kündigung finden Sie hier.
Bis zum Abschluss der ersten Gerichtsinstanz besteht gegenüber Gerichtsverfahren beim Amts- und Landgericht zudem die Besonderheit, dass jede Partei, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, die Kosten des eigenen Rechtsanwalts immer selbst tragen muss.
Was braucht der Rechtsanwalt?
Bei einer Beratung nach Ausspruch einer Kündigung benötigt der Rechtsanwalt möglichst folgende Unterlagen bzw. Informationen:
- das Kündigungsschreiben
- Welche Funktion hat der Unterzeichner der Kündigung im Unternehmen?
- den aktuellen Arbeitsvertrag (soweit vorhanden) zur Prüfung der Kündigungsfrist sowie andere Ansprüche, die gleichfalls geregelt werden können.
- Lohnabrechnungen der letzten drei Monate (oder mehr), um die regelmäßige Vergütung feststellen zu können. (Diese können Berechnungsbasis für die Abfindung sein.)
- Wie viele Beschäftigte hat der Betrieb (auch Aushilfen, Reinigungskräfte etc.)?
- Existiert ein Betriebsrat?
- Besteht eine Schwangerschaft oder Schwerbehinderung?
- Erteilte Abmahnungen
Bei betriebsbedingten Kündigungen:
Sind jüngere und/oder kürzer beschäftigte Arbeitnehmer nicht gekündigt worden (möglichst mit Namen)? Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten?
Wenn Sie Ihrerseits das Beratungsgespräch beim Rechtsanwalt so vorbereiten, kann dieser Ihnen eine erheblich präzisere Einschätzung der Prozesslage geben und bereits frühzeitig den Prozess beeinflussen!
Gerne helfen wir Ihnen weiter.
Rechtsanwältin Nora Thiele & das Anwaltsteam von p11 Rechtsanwälte
Telefon: 02234 2193229
Email: thiele@p11-ra.de oder kontakt@p11-ra.de