Am 03. Juli 2009 hat der Bundestag die seit langem geplante Erbrechtsreform verabschiedet. Sie wird zum 01. Januar 2010 in Kraft treten. Einige gute und vor allem lange überfällige Änderungen wurden vorgenommen. Hier die wichtigsten im Überblick:

1. Erleichterungen bei Entzug des Pflichtteils
Die Gründe, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen, wurden den heutigen gesellschaftlichen Wertvorstellungen angepasst:

  • Die Entziehungsgründe finden künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung. Bislang gilt dies nur für Abkömmlinge.
  • Zukünftig sollen alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser ähnlich nahe stehen wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind, z. B. auch Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll nun möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder ihnen gegenüber eine schwere Straftat begeht.
  • Der Entziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“ entfällt. Künftig soll eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen.

2. Anspruch auf Stundung wurde erleichtert und gilt für jeden Erben
Oftmals ist die Erfüllung von (sofort fälligen) Pflichtteilsansprüchen nur mit der Veräußerung von Teilen oder der ganzen Erbmasse möglich, zum Beispiel wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einer Immobilie besteht. Bislang konnten nur Kinder, Ehegatte oder Eltern eine Stundung verlangen. Nun soll die Stundung dagegen unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.

3. Veränderte Anrechnung von Schenkungen
Das Alles-oder-Nichts-Prinzip entfällt. Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. (Rechtlicher Begriff: Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch)

4. Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich
Derzeit werden ca. 2/3 aller Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der Pflegende oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche hatte nur ein Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll der Anspruch unabhängig davon sein, ob für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.

5. Verkürzung der Verjährung auf 3 Jahre
Die Verjährung familien- und erbrechtlicher Ansprüche wird der Regelverjährung in Höhe von 3 Jahren angepasst. Jedoch bleibt bei folgenden Ausnahmen auch zukünftig die lange, 30jährige Verjährung erhalten:

  • Herausgabeansprüche des Erben gegen den unberechtigten Erbschaftsbesitzer,
  • Herausgabeansprüche des Nacherben gegen den Vorerben und
  • der Anspruch des Erben auf Herausgabe des Erbscheins gegen den Nichterben.

Die Erstellung von Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und auch einem den persönlichen Vorstellungen entsprechendem Testament ist wichtig und zugleich komplex. Gerne beraten wir Sie in allen rechtlichen Fragen und natürlich rund um das Erbrecht – für Privatleute und Unternehmer.

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Das Anwaltsteam von p11 Rechtsanwälte

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